Bindungsangst in Kennenlernphase

Hallo in die Runde,

mich beschäftigt folgende Sache. Ich habe Anfang Dezember eine alte Bekannte aus Schulzeiten wiedergetroffen. Wir hatten jetzt vielleicht 15 Jahre keinen Kontakt. Wir sind beide Mitte-Ende 30, Single und haben beide Kinder. Sie einen 7-jährigen Sohn und ich eine 2-jährige Tochter. Anfangs haben wir uns einfach ohne "Hintergedanken" getroffen. Wir fanden uns auf Anhieb wieder sympathisch und haben trotz der Umgangszeiten schnell viel Zeit miteinander verbracht und täglich kommuniziert.
Wir waren uns beide einig, dass wir einfach schauen wohin es geht und auch, dass wir unsere Kinder nicht involvieren. Anfang Februar waren haben wir dann Spielenachmittag und Ausflüge mit den Kindern gemacht. Aber als Bekannte. Es war dann auch so, dass ich öfters bei ihr übernachtet habe, weil sie ihren Sohn häufiger hat als ich meine Tochter. Bis Anfang März war alles super und wir haben einen Pfingstausflug zu viert geplant und einen Kurzurlaub im Juni gebucht. Und von einem Tag auf den anderen war sie wie ausgewechselt. Sehr distanziert und "gefühlskalt". Am Anfang habe ich mir auch keinen Kopf gemacht, weil sie viel Stress auf Arbeit hatte und die Kinder gefühlt seit Dezember dauerkrank sind.
Irgendwann habe ich es angesprochen, aber ohne Wertung. Zuerst meinte sie, dass nichts ist und sie einfach kaputt ist. Alles kein Problem...da wir, für mein Empfinden, eine sehr gute Kommunikation haben, hat sie sich geöffnet und meinte, dass sie das mit uns will. Aber gleichzeitig hat sie gerade Panik und ein Fluchtgefühl. Sie kann es nicht greifen und sie hat Angst um ihre Unabhängigkeit, dass sie wieder enttäuscht wird oder das es nicht klappt. Deshalb sabotiert sie eine mögliche Bindung lieber jetzt.

Ich sagte, dass ich ihr den Raum gebe den sie braucht und mich etwas zurückziehe. Das will sie auch nicht. Sie will auch das weiter mit uns probieren. Aber ihr Verhalten ist halt, dass sie aus der Situation raus will. Dann schreibt sie dennoch täglich viele Nachrichten, aber halt sehr distanziert.

Hat hier jemand Erfahrung mit Bindungsängsten in Beziehungen oder generell? Ich weiß auch, dass es vielleicht das Beste und einfachste wäre es zu lassen und es zu beenden, da ich aktiv nichts machen kann und wahrscheinlich sich dieses Muster auch wiederholt.

Viele Grüße

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Sie kann sich beobachten, reflektieren, öffnen und darüber sprechen. Das ist doch schonmal ein Anfang.

Solange du nicht darunter leidest, kannst du das mittragen und schauen wohin es führt.

Bleibe mit ihr emotional und im Austausch über ihre Ängste "im Kontakt".

Ob die Nachrichten nicht so romantisch sind, wäre mir persönlich nicht so wichtig. Auch wenn die Häufigkeit abnehmen würde. Mir käme es darauf an, wie der Umgang miteinander bei einem Treffen ist.

Sollte sie noch nicht soweit sein, kann es schon sein, dass sie dich nochmal heftiger wegstößt. Solange es für dich tragbar ist, kannst du ihr dann den Abstand geben den sie braucht, oder für sie da sein.

Bei eurer Kommunikation sehe ich da positiv. Ich wünsche alles Gute!

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Ich seh da schwarz,ich bin auch so eine Beziehungsgeschädigte Frau und kann dir daher nur den Tipp geben sie nicht einzuengen.
Womöglich ist sie diese Harmonie nicht gewöhnt.
Ich für meinen Teil hatte ein Sch×××× Elternhaus dann eine Beziehung sehr abhängig wo ich seit der Jugend feststeckte aus verschieden Ursachen. Seit 7 Jahren getrennt und AE.
Ich will mich nie mehr den Schmerz einer möglichenTrennung ,Liebeskummer,Eifersucht emotional ausliefern. Die Gefahr ist zu groß,für mich jedenfalls.Falls was zu eng und fest wird bin ich weg.
Keine Ahnung wie lang dein Atem ist jedenfalls brauchts eine Engelsgeduld und dickes Fell.
Alles Gute dir!

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> Hat hier jemand Erfahrung mit Bindungsängsten in Beziehungen oder generell?
> Ich weiß auch, dass es vielleicht das Beste und einfachste wäre es zu lassen und
> es zu beenden, da ich aktiv nichts machen kann und wahrscheinlich sich dieses
> Muster auch wiederholt.

Sei einfach dankbar, dass ihr noch mal die Jugend aufleben lassen durftet. Mit so einem Dank kann man auch höflich so eine Beziehungsanbahnung beendet. Nach 3-4 Monaten zeigt sich halt, ob nach dem Strohfeuer der Leidenschaft etwas mit Substanz übrig ist. Wie du es schreibst sind die Zeichen eher eindeutig. Zwischen den Zeilen lese ich, dass du dich ja schon zum Thema belesen hast. Gegen ihre Bindungsangst kannst du nicht gegenan-lieben. Du würdest dich aufreiben und langfristig daran zerbrechen. Eine Beziehung kann man nicht allein aufrecht erhalten. Du brauchst deine Energie auch und vor allem für deine kleine Tochter.

Letzter Versuch: Sprich es noch einmal an und frage, ob sie bereit ist alles dafür zu tun, sich und ihre Angst zu bekämpfen und dafür allen voran eine Therapie zu starten mit dem Ziel, die Bindungsangst zu überwinden und das nötige Vertrauen in eine Beziehung zu setzen. Sie ist das Problem, nur sie kann etwas ändern und daher muss sie es auch sein, die handelt. Du kannst sie begleiten aber das Problem ist in ihr und muss von ihr gelöst werden Wenn sie aber "gefühlskalt" war, von Fluchtinstinkt spricht und sagt sie habe "Angst um ihre Unabhängigkeit" ist eigentlich alles gesagt. Wenn du magst, sei nett und gib ihr diese eine Gelegenheit in der Erwartung, dass sie anfängt zu verhandeln. Lass dich nicht auf weniger ein als ein Bekenntnis, radikal an sich zu arbeiten.

Ab da hast du zwei Optionen: Deine Tochter hat sie mal als eine Freundin mit Kind kennengelernt nicht mehr. Option 1: Mehr wird sie auch nie kennenlernen. Wenn du es direkt beendest hast du einen klaren Schnitt, um dich offenen Herzens und klaren Kopfes anderweitig zu orientieren.
Option 2: Die Frau will sich ja ohnehin nicht binden. Sprich offen an, ob sie Interesse an gelegentlichen Aktivitäten zu zweit hätte, "Netflix und Chill". Mach dabei aber klar, dass sie keinesfalls die Vorteile einer Beziehung haben kann, ohne ihrerseits emotional verbindlich, ernsthaft und verlässlich zu sein. Das ist ja nicht verwerflich und kann für beide eine angenehme Abwechslung zum Single-Eltern-Dasein sein.

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Lies' mal "Jein" von Stefanie Stahl. Und lass' es sie vielleicht auch einmal lesen. Hat mir sehr geholfen.

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Ja meine Erfahrung und mein Tipp ist, sich nicht alles gefallen zu lassen, nicht nur super empathisch zu sein und auf keinen Fall für alles Verständnis zu haben.
Klingt für dich absurd, ist aber so.
Wenn du nämlich nur der super verständnisvolle bist der ihr super viel Zeit lässt und ihr nur den Po puderst dann läufst du Gefahr entweder Fußabtreter zu werden oder das eben deine eigenen Gefühle und Bedürfnisse völlig auf der Strecke bleiben. Mein Tipp wäre also das Verständnis in Grenzen zu halten und für dich einzustehen. Ich hätte keine Lust das meine neue Flamme ständig distanziert ist und ich im ungewissen Schwebe.

Bearbeitet von Samara
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Puh, das klingt leider ziemlich egoistisch bzw. gilt dann, wenn man für den Anderen sowieso noch nicht viel empfindet.
Sobald aber mal echte Gefühle im Spiel sind, redet man nicht mehr vom "Popo pudern", "Fußabtreter sein" - oder ähnlichem.
Der Mann in meinem Leben hat sauschlechte Erfahrungen hinter sich nach jahrelanger Scheidungsschlammschlacht und ähnlichem - und ich habe seit einem Jahr für ihn übrig - ganz viel Geduld und massig Liebe - und, es lohnt sich. Ein vertrauensvolleres und liebevolleres Verhältnis hatte ich noch nie und er ist da, wenn ich ihn wirklich brauche, ohne Wenn und Aber - was will ich mehr? Jede Minute mit ihm ist wunderschön, ich werde verwöhnt, bekomme Zuspruch, Motivation und Komplimente ohne Ende - und ich hörte noch kein böses Wort in dem Jahr, ich weiß, dass ich wichtig für ihn bin- alles nur damit erreicht, dass ich ihn weder ummodeln will noch Vorschriften machen o.ä. wie die "Damen vor mir". Ich bin ganz sicher kein Fußabtreter und pudere ihm auch nichts ;-) wir reden ganz klar und ehrlich über alles, was ansteht - und das reicht aus.
Kann aber natürlich jeder halten, wie er will.
LG Moni

Bearbeitet von Circle-Of-Life
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Du bist denke ich mal in ein anderen Lebensphase als jemand mit mitte 30 und ich bleibe dabei das ich nicht ewig geduldvoll darauf warten würde dass die Bindungsangst weg ist und alles fein wird

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Mal aus ihrer Sicht.

Durch das Öffnen ihrer Gefühlswelt macht sie sich schon angreifbar. Das ist ein gutes Zeichen was für euch spricht, und das sie dir vertraut. Ihre Aussagen zielen auch nicht darauf ab dir als Mensch etwas Böses zu unterstellen. Sie wird einfach gebeutelt sein von ehemaligen Erfahrungen.

Ich bin ähnlich vom Typ her. Mein inzwischen Verlobter blieb am Ball sprach mit mir wann immer es nötig war darüber, und gab mir einfach das Gefühl okay zu sein. Er liebt mich mit meinen Ängsten und Macken. Es gab Streit, wo wir beide unsere Grenzen ausloten mussten. Wir mussten lernen miteinander zu streiten. Es wurde aber besser. Ich weiß das er mein Anker ist, und so viel anders und auch besser als die Männer davor. Aber es braucht Zeit, und viel Geduld von dir. Du musst für dich entscheiden, ob du diesen Weg mit ihr gehen möchtest.

Alles Gute 🍀

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Deinen ersten Absatz kann ich voll unterstreichen, erlebe seit einem Jahr Ähnliches.
Manchmal muss man vielleicht auch ein bisschen Geduld aufbringen, wenn einem ein Mensch wichtig wird/ist und kann nicht immer
nur das (auch hier oft publizierte) Datingprinzip anlegen: " treffen, drauf, ach passt nicht - weg damit"

LG Moni

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Geduld. Dass ist das richtige Wort. Nur leider leben wir in einer Wegwerfgesellschaft. Anstatt miteinander an der Beziehung zu arbeiten wird sie direkt entsorgt.

Natürlich bin ich absolut dafür das man manches Verhalten nicht tolerieren darf und das man sich schon wohlfühlen sollte. Aber an vielem kann man arbeiten. Und es gibt immer gute und schlechte Tage. Aber das gehört dazu.. Keine Ehe mit 50 Jahren war immer purer Sonnenschein.

Wir haben in zwei Jahren Beziehung eine Fehlgeburt erlebt, die Krebserkrankung meiner Mama (zum Glück auf einem sehr gutem Weg) und drei Umzüge zusammen gemeistert.

Daher bin ich mir bei diesem Menschen so sicher.

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