Wechsemodell - Erfahrung betroffene Kinder

Hallo!

Eine Freundin von mir lässt sich scheiden und klärt nun den Umgang mit dem gemeinsamen Kind mit ihrem Noch-Mann. Es wird wohl das Wechselmodell, dies sei ja am "fairsten". Sie bat mich um Rat, da ich selbst Scheidungskind bin und eine Zeit im Wechselmodell gelebt habe.

Ich fand es schrecklich, habe sehr unter dieser Lebenssituation gelitten - viel mehr als unter der eigentlichen Trennung - und habe es erst nach einer Therapie als Jugendliche geschafft, mich durchzusetzten und dieses Hin und Her zu beenden.

Dementsprechend verhalten war meine Reaktion, ich will ja weder den Teufel an die Wand malen, noch von meiner individuellen Erfahrung auf andere schliesen.

Gibt es hier Erwachsene, welche als Kinder auch wochenweise das Zuhause gewechselt haben und mal berichten können? Mich interessiert hierbei wirklic nur die Erfahrung der "Kinder" 😉

Danke und einen schönen Abend euch!

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Wechselmodell zwischen Elternteilen...nein, dafür habe ich damit Erfahrung zwischen Pflegeeltern und Eltern. Ich wurde nicht aus der Familie genommen, diese Variante war damals eine Alternative zum Internat, in das ich auf keinen Fall nochmal wollte. Grund waren die Berufe meiner Eltern.....sie waren immer unterwegs.

Ich fand dieses hin und her dauerhaft auch echt anstrengend. Man musste immer umswitchen, ich denke jetzt nicht das es da einen großen Unterschied zwischen Elternteilen oder meiner damaligen Situation gibt. Man musste immer an alles denken, Schulkram, Klamotten, das Buch wo man gerade gelesen hat,...alles was so hin und her wandern muß. Ich kam an den Punkt, das ich gefühlt gar kein richtiges Zuhause mehr hatte und so habe ich mich dann auch verhalten.
Ein Szenario habe ich nie vergessen...meine Geburtstagsfeier....hatte vergessen die Adresse auf die Einladung zu schreiben (also wo ich feier)....es war total schräg, das alle mich erstmal gefragt haben, wo ich denn feiere. Aber das war ja generell so bei Verabredungen mit Schulfreunden, immer dabei die Frage "Wo?". Auch das Ding mit den Nachbarskindern, bei A fing man an eine coole Bude zu bauen, dann musste man wieder zu B, kam wieder und aus der Bude war schon wieder was ganz anderes geworden. Man wurde immer irgendwie wieder rausgerissen, war nie so ganz dabei. Manchmal bin ich auch ind en falschen Bus gestiegen und stand dann vorm Elternhaus und musste zusehen, wie ich da wieder weg kam, es war ja keiner da....Handys gab es ja noch nicht, kam also zu spät. Wenn andere Kinder ind er Schule krank wurden, dann hat man einfach eine Nummer gewählt und gut, mich musste man erst fragen, wo ich gerade bin. Später: bei Eltern Freund zu Besuch nicht erlaubt, bei Pflegeeltern schon.

Aus meiner Sicht ist das Wechselmodell am Fairsten für die Eltern, aber es passt eben nicht zu jedem Kind. Und es kann auch überhaupt nur funktioneiren, wenn die getrennten Elternteile noch gut miteinander zurechtkommen. Ich kann jetzt nicht sagen, das es mir richtig geschadet hat....aber es war für mich einfach unsagbar antrengend, umständlich und auch ein Leben "zwischen den Stühlen". Ich habe drei Kreuze gemacht, als ich dann mit 17 meine erste eigene Wohnung hatte....endlich nur ein Lebensmittelpunkt. Aber ja, das war ein harter Kampf, meinen Eltern kalrzumachen, wie sehr mich das Hin und Her angekotzt hat.

Ich bin der Meinung, das es auf jedenfall ein Versuch wert ist, aber man immer darauf achten sollte, wie die Kinder damit zurechtkommen. Ich denke auch nicht, das die Kinder selber das gelich deutlich aussprechen, das kommt erst, wenn nichts mehr geht oder zeigt sich generell anders.

Nachtrag: Im Nachgang war es für mcih so extrem antrengend, das ich damals an anderer Stelle Abstriche machen musste....nämlcih bei der Schule, leider. Es war für die Schule einfach keine Kapazitäten mehr frei. Das konnte ich damals aber nicht erkennen. Das Thema Schule konnte erst wieder weitergehen udn verfolgt werden, als ich meine eigene Wohnung hatte...alles aufzuholen habe ich nie geschafft.

Bearbeitet von Butterstulle
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Meine deutlich jüngere Halbschwester und die Halbschwester meines Mannes haben nach der Trennung ihrer Eltern im Wechselmodell gelebt. Beiden wurde es mit 13/14 Jahren einfach zu viel, dementsprechend wurde es dann angepasst (danach Hauptwohnsitz bei den Müttern und weiter regelmäßiger Kontakt zum Vater).
Was heißt schon fair? Für die Eltern vielleicht, die Kinder sind nach meiner Erfahrung häufig überfordert. Wenn man dieses Modell wählt, sollte man (wie in jedem anderen Modell auch) die Bedürfnisse Kinder nicht aus den Augen verlieren.

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Hallo,
Also ich hatte nicht direkt das Wechselmodell, aber ich war jedes 2. Wochenende Freitags Abends bis Sonntags Abends bei meinem Vater.
Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich 5 war und für mich war das die Hölle.

Ich habe zwar eine relativ gute Beziehung zu meinem Vater, aber dadurch dass ich ihn nur jedes 2. Wochenende gesehen habe, was zwischendurch auch mal ausgefallen ist, habe ich nicht so eine Vater-Tochter-Bindung zu ihm aufbauen können wie ich es gebraucht hätte.

Ich war ein ganz schüchternes Kind und habe mich teilweise nicht getraut nach Trinken zu fragen usw, einfach weil wir nicht so sehr die starke Bindung hatten.
Im Nachhinein ist das natürlich Schwachsinn, er würde alles für mich tun, aber was soll ich sagen als Kind hab ich da einfach anders gedacht.

Ich hab mir immer gewünscht mehr Zeit mit meinem Vater verbringen zu können.
Ich glaube auf der einen Seite hätte ich es schön gefunden eine Woche lang bei meinem Vater zu wohnen im Wechsel, aber auf der anderen Seite hätte ich ein schlechtes Gewissen gehabt meine Mama eine Woche lang komplett alleine zu lassen.

Ich glaube es kommt echt ganz auf die Kinder an, was die auch eine Beziehung zu den Eltern haben.
Ich denke allerdings, dass für manche Kinder das Wechselmodell wirklich die schönere Variante ist, gerade wenn man eine gute Beziehung beibehalten will

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Dazu muss man, aber auch sagen, dass meine Eltern nicht das beste Verhältnis zueinander hatten und mein Vater nicht zwischendurch mal auf einen Kaffee oder so vorbei gekommen ist.
Also hab ich ihn wirklich nur jedes 2. Wochenende gesehen oder wenn außerhalb mal ein Geburtstag oder so war.

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Das mit dem schlechten Gewissen der Mama gegenüber verstehe ich - das war der Grund, weshalb ich es nicht früher beendet habe. Ich wollte als Kind niemandem vor den Kopf stoßen und habe deswegen länger die "Heimatlosigkeit" hingenommen.

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Ich bin selbst nicht so aufgewachsen, kann aber von meinen Kindern berichten.

Ich habe 3 Kinder, vom Papa der Großen habe ich mich getrennt als sie knapp 3 war. Wir hatten erst das Modell 3 Tage/4 Tage, dann bis zur Einschulung oder so 7 Jahre das einwöchige Wechselmodell. Ich habe dann als sie 5 war einen neuen Partner kennengelernt und wir haben alle festgestellt, dass eine Woche zu kurz ist. Wir brauchte alle erstmal so 2 bis 3 Tage, um wieder anzukommen (bei mir gab es einen neuen Partner und später Geschwister, bei ihrem Papa nur den Papa) und dann war die Zeit fast schon wieder rum. Also haben wir in Absprache mit ihr zwei Wochen draus gemacht, was auch lang ist, aber für alle ok war. Allerdings haben wir immer mal telefoniert oder sind als Eltern mit ihr ein Eis essen gegangen.
Bei der großen weicht es jetzt mit 17 auf, sie ist viel hier, selbst wenn eigentlich Papazeit ist.

Bei ihren Geschwistern ist es ebenso. Wir haben viel rumprobiert am Anfang, sich dass jeder nur ein Kind hat. Jetzt sind es ebenfalls 2 Wochen bzw. Hätte der Papa gern 3 Wochen, was aber definitiv zu lang ist. Der große (10) findet die 2 Wochen gut und kommt gut zurecht. Für den kleinen (8) scheint es manchmal etwas lang. Allerdings ist das Problem auch, dass der Papa jeglichen Kontakt blockiert, die Kinder nicht bestärkt, mich gibt es in seiner Zeit quasi nicht. Wenn die Kinder bei mir sind sprechen wir natürlich aichnpner Papa oder schicken ihm Fotos, wenn ihm etwas gefallen würde oder wir coole Aktionen machen. Einfach, weil das den Kindern wichtig ist.

Ich finde das Wechselmodell an sich nicht schlecht, wenn denn beide Eltern gut mit umgehen und die Kinder unterstützen und auffangen. Klappt bei uns nicht so, ist aber auch leider nicht wirklich zu ändern.

Bearbeitet von Mamameinung
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Ähm, es waren Antworten von Kindern gefragt, nicht Deine Einschätzung.

Du kannst doch noch gar nicht wissen, wie sich das Wechselmodell auf Deine Kinder auswirkt bzw auswirken wird.

Bearbeitet von xenotaph
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Da hast du recht. Ich kann das nicht einschätzen und habe das auch nicht behauptet, nur unseren ist Zustand beschrieben und wie die große das erlebt hat. Mit 17, nach 14 Jahren Wechselmodell ist sie schon, für den Zeitraum jetzt, aussagekräftig.
Da nicht so viele Kinder geantwortet haben, dachte ich, ich beschreibe mal wie es bei uns aussieht.

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Wir haben das Wechselmodell seit 2 Jahren. Aber nicht wochenweise. Wir wohnen beide im selben Ort und die Kinder können selbständig mit den Fahrrädern zum anderen Elternteil fahren. Die Kinder sind von Montag bis Mittwoch bei mir, Mittwoch bis Freitag beim Papa, Wochenenden werden gewechselt. Wenn die Kinder Mal zwischenrein zum anderen wollen, ist es grundsätzlich kein Problem, wobei das meist nicht so einfach möglich ist, weil wir die kinderfreie Zeit beim Arbeiten sind. Wenn unser Sohn ein Fußballspiel hat welches an meinem Wochenende ist, geht trotzdem der Papa. Das ist deren Ding. Genauso wenn ein Spiel am Papawochenende ist, dann kommt unsere Tochter so lange zu mir und wir machen einen Mädelstag. Es ist sehr sehr wichtig dass die Kommunikation zwischen den Eltern stimmt und man die Kinderzeit nicht aufrechnet sondern es doch irgendwie so verteilt dass die Kinder sogar davon profitieren. Ich denke nicht dass unsere Kinder darunter leiden

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Vielen Dank bis hier hin schon einmal!

Tatsächlich interessiert mich ehrlicherweise "nur" die Perspektive von den Kindern (bzw. nun Erwachsenen), welche selbst betroffen waren.

Das ist in keinster Weise (!!!) abschätzend den Eltern gegenüber gemeint. Mir geht es aber darum, meine eigenen Erfahrungen und Gefühle besser sortieren zu können und hierfür ist die Kinderperspektive einfach entscheidend, welche die betroffenen Eltern einfach aus einer anderen Perspektive (Familienrecht, Unsetzbarkeit mit dem Beruf, Unterhalt etc.pp.) sehen...

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Guten Morgen,

frage doch mal in der Kategorie Patchwork.

Viele Grüße

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Eine sehr gute Freundin von mir musste das auch mitmachen. Ich hab das als Kind schon merkwürdig empfunden.

Sie sagt heute, dass es zwar ok war, weil sie halt mit beiden gleich viel Zeit hatte, sie sich aber weder bei der Mutter noch beim Vater richtig Zuhause gefühlt hat, sondern immer nur als Besuch. War halt immer nur eine Woche und ein richtig heimisches Gefühl kam da wohl nicht auf. Dazu kam, wenn sie etwas bei dem anderen Elternteil vergessen hatte, dann war das Pech. Es wurde nichts mehr geholt, da die Eltern untereinander (bis heute) kein Wort mehr miteinander reden.

Sie hätte sich rückblickend ein Zuhause bei einem von beiden gewünscht und dann mit dem anderen Elternteil den klassischen Umgang. Wäre für sie leichter gewesen :-)

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Fair wäre:

1 Wohnung in der das Kind lebt und 1 Wohnung für die Eltern.

1 Woche zieht die Mutter zum Kind, 1 Woche der Vater. Ich finde das ist fair. Nennt sich Nestmodell.

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Sehe ich auch so. Ist zwar nicht die Frage der TE.
Aber die wenigsten Erwachsenen würden für sich akzeptieren, was sie von Kindern selbstverständlich im Namen der Gerechtigkeit erwarten.

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Dss sehe ich ganz genauso! Von den Kindern wird dieses erwartet, Erwachsene sehen sich darin zu stark in ihrer weiteren Familienplanung beschnitten...

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Ich finde die Frage ist nicht pauschal zu beantragen. Denn jedes Kind ist anders und hat ein anderes Bedürfnis nach den Eltern.
Wenn das Kind es kennt, dass sich bisher hauptsächlich eines der Elternteile in Form von Betreuung gekümmert hat und der andere hauptsächlich arbeiten war, kann das Wechselmodell zu Problemen führen.

Wenn die Beziehung der Eltern aber gleichberechtigt war und beide sich in Form von Betreuung und finanzieller versorgen gekümmert haben, dann hat das Kind eine gleichwertige Bindung zu beiden Elternteilen.

Grundsätzlich braucht das Kind für eine gelungene Entwicklung beide Elternteile. Daher ist vor allem, wenn die Kinder klein sind, ein Wechselmodell anzustreben. Wenn das aber zu Problemen führt, sollte das reflektiert und neu eingeordnet werden. Das gilt natürlich auch andersrum. Aber das ist immer wieder nötig, da sich Kinder in jedem Entwicklungsschritt enorm verändern und was anderes brauchen. Also kann man nicht mal sagen, dass man eine Regelung für immer findet. Die Eltern müssen jederzeit für eine Veränderung zum Wohle des Kindes offen sein. Damit meine ich keine wöchentlichen Andernung mit heute so und morgen so. Das sind dann schon längerfristige Entscheidungen.

Ab einem bestimmten Alter kann man die Kinder auch aktiv in die Wahl des Lebensmodells mit einbeziehen. Das wäre sogar sehr wichtig, da Kinder sich oft aufgrund des Loyalitätskonfliktes nicht trauen ihre Bedürfnisse gegenüber der Eltern in dieser Richtung zu äußern. Sie wissen, dass dann ggf. ein Elternteil von der Entscheidung verletzt werden wird. Aber da muss man als Elternteil durch, wenn man sich für die Trennung entscheidet...

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Grundsätzlich braucht das Kind für eine gelungene Entwicklung beide Elternteile. Daher ist vor allem, wenn die Kinder klein sind, ein Wechselmodell anzustreben.

Je kleiner das Kind, desto mehr Routine und Sicherheit braucht es. Meiner Meinung nach ist das viel wichtiger als 50% Anwesenheit beider Elternteile. Ich denke, da redet man sich was schön.