Auf 1,0 abonniert....wie lobt man da als Eltern?

Die Frage klingt blöd, ich stelle sie mir aber immer wieder.
An der Schule meiner Tochter (Gymnasium) war gestern der letzte Schultag. Dort werden dann auch immer noch Preise und Auszeichnungen vergeben.
Von knapp 900 Schülern hatten 45 einen Schnitt von 1,0 im Zeugnis. Auch zwei Abiturienten haben das Abi mit der Traumnnote 1,0 abgeschlossen.
Soweit, so gut - ist Gymnasium, Überflieger-Kinder gibt es nun mal.

Also - wir haben fest damit gerechnet, dass unsere Tochter in Mathe eine 4 und in Französisch eine 3 bekommt. Und freuen uns riesig, dass sie tatsächlich je eine Note besser im Zeugnis stehen hat - also Mathe 3, Französisch 2 - super. Freude bei uns Eltern, beim Kind, bei Oma und Opa.

Von den 45 Schüler*innen mit Zeugnisdurchschnitt 1,0 sind 3 in der Klasse meiner Tochter. 3 Mädchen, die diesen Schnitt seit der 5. Klasse "abonniert" haben (und vermutlich auch schon so von der GS kamen und auch so weitermachen werden).
Eines der Mädchen setzt sich aber jedes Mal so unter Druck - für die ist schon eine 1,2 oder gar 1,5 eine persönliche Katastrophe. Das wurde so schlimm, dass sie sogar wegen psychischer Probleme fast 5 Wochen in Kur war.

ALSO FRAGE AN DIE ELTERN,DIE VIELLEICHT SO EIN 1ER KIND ZUHAUSE HABEN:

Was macht man denn als Eltern, wenn ein Kind regelmäßig, quasi schon aus Gewohnheit nur 1en heimbringt? Wie lobt man da? Wie motiviert man da? Und vor allem, wie schafft man es, dass man diese Noten (auch wenn sie quasi selbstverständlich sind) eben NICHT als selbstverständlich ansieht?
Es gibt ja irgendwie keine Steigerung oder ein Ziel, auf das man hinarbeiten kann - außer, dass man halt immer 1en schreibt.

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Indem man nicht die Note lobt, sondern die „Arbeit“ dahinter. Einfach einzelne Punkte rauspicken: Der kreative Lösungsweg in Mathe, die super Formulierung im Aufsatz oder die saubere Umsetzung einer Zeichnung.
Die Steigerung der Leistung findet ja implizit dennoch statt. Natürlich ist eine 1 in der 2. Klasse was anderes als in der 9. Komplexerer Stoff, umfangreichere Aufgabenstellungen, viel mehr Fächer mit unterschiedlichen Anforderungen usw. Die Noten zu halten, wenn die Anforderungen steigen, kann doch da als Ziel vollkommen ausreichend sein. Später kommen dann Studienziele, die Möglichkeit auf Stipendien bei den meisten doch ganz automatisch dazu.

Ansonsten denke ich, dass fast kein Kind konsequent Einser in allen Fächern mit nach Hause bringt, wenn es das nicht selbst möchte (Druck und extreme Leistungsfixierung der Eltern mal außen vor). Wenn bei dem Kind die Motivation also ohnehin schon vorhanden ist, wieso sollte man da noch künstlich versuchen wollen eine extrinsische Motivation aufzubauen?

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Warum sollte man anders loben als bei einer 2 oder 3?

Manchen fliegen 1en zu, manche tun was dafür. So oder so: das lobt man doch.

Ich wüsste nicht, wieso ich meine beiden Großen (1er Kandidaten) anders loben sollte, als die Kleine (da steht der Weg noch nicht fest).

Natürlich gibt es Ziele auf die man arbeiten kann: Studiengänge mit bestimmten NCs zum Beispiel.

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Ich war so ein Kind, das nur Einsen geschrieben hat. Meine Eltern haben sich nicht groß um Schule gekümmert, die Klausuren und das Zeugnis wurden wohlwollend zur Kenntnis genommen, fertig.
Ich habe auch nicht wirklich dafür gearbeitet, die Noten kamen von allein. Mir hat Lob nicht gefehlt, ich war einfach zufrieden, so wie es lief.

LG

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So lief es bei mir auch. Mein Bruder, dem die Noten nicht so gefielen wie mir, wurde übrigens genauso gelobt. Jedes Kind hat eine andere Leistungsstufe was schulische Fächer angeht, also sollte man die individuelle Leistung loben, nicht die Note an sich.

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Ich habe auch ziemlich viele Einsen geschrieben, und das einfach nur indem ich 'normal' meine Hausaufgaben gemacht und im Unterricht zugehört habe. Mit ist erst beim Abi aufgefallen, dass ich gar nicht weiß, wie man lernt, weil bisher hatte ich nie gelernt ...Ich fand es mit zunehmendem alter immer schlimmer, dass meine Eltern nur meine Noten gelobt haben, und ganz schlimm, das auch noch bei anderen. Die sind mir doch eh zugeflogen, das war nix zum stolz sein, dafür musste ich nichts tun. Viel lieber hätte ich es gehabt, wenn sie mal mich gesehen hätten, das wo ich mich angestrengt habe, ... aber da hat es leider nur zu mittelmäßigen Leistungen gereicht, das war maximal was zum belächeln ... nur so als Denkanstoß....
Vielleicht fliegt es ihr ja nicht so zu, sie arbeitet dafür und freut sich auch, gelobt zu werden. Sei aufmerksam, ob sie das überhaupt mag. Und schau hin, was ihr wirklich wichtig ist. Lob, Bestärkungt, ... braucht es insbesondere dort, wo man nicht so stark und selbstbewußt ist.

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Ich habe meine Große mit ihren 5 oder 6 Einsern genauso gelobt wie die Kleine, die exakt eine 1 auf dem Zeugnis hat.

Mit beiden Kindern waren wir am letzten Schultag Eis essen, aus Tradition. Die Große hat zum ersten Mal gefragt, warum eigentlich.
- Weil ihr einSchuljahr lang hart gearbeitet habt.
- Weil ihr beide ein tolles Zeugnis bekommen habt
- Weil ihr euch eure Ferien und dieses Eis echt verdient habt.

Vom Opa gab es für jedes Kind 5€ "für's Zeugnis".

Also:
Ein gutes Zeugnis wird immer gelobt. Manchmal weisen wir noch darauf hin, wenn etwas mit Mühe erreicht wurde. Da wird die 2 in Mathe u.U. mehr gelobt als die 1 in Deutsch.

Und dann verschwindet das Zeugnis in der Schublade und es sind Ferien.

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Hi,

eigentlich wollte ich gerade noch mal bei dem HB-thread schreibe, aber deine Frage triggert!
Und ich finde das ein sehr schwieriges Thema – vor allem, wenn es vielleicht mal keine 1 ist.

Wenn das Kind gut ist und ihm alles zufliegt und es nichts für die Noten machen muss, dann hat das ja kein Lob verdient. Wenn es hart schuftet und eine drei bekommt, hat das Kind selbst ja viel mehr Einfluss und kann auch mit dem Lob mehr anfangen. Mit geht es auch manchmal so in der Arbeit, dass ich einfach meine Sachen mache und mein Chef, der ja in seinen Management-Kursen gelernt hat, dass man seine Mitarbeiter positives Feedback geben soll, mich lobt, dann hab ich manchmal ein sehr schales Gefühl, weil er gar nicht mehr einschätzen kann, was eigentlich einfach so läuft und gemacht wird. Und bei anderen Sachen, die extrem tricky sind, bei denen ich mich voll reinhänge und das noch zu einem positiven Ergebnis bringe – da kommt dann nur so ein „Naja“. Frustrierend.

Und ja, wenn meine Kinder in Mathe eine 1 heimbringen, steckt da keine Arbeit dahinter, wenn es eine 2 ist, ist das eher so wie bei anderen eine 6. Also ein dickes Alarmsignal, dass irgendwas nicht stimmt. In anderen Fächern sieht das anders aus. Wenn mein Sohn in Deutsch nur einen halben Aufsatz schafft und eine 4 kassiert, ist mir das ein dickes Lob wert.

Ich denke, wenn die Kinder auf 1 abonniert sind, setzt sie das durchaus unter Druck. Später im Studium ist zB auch die Verzögerungstaktik ganz typisch: Dann darf man die Klausur auch schlecht schreiben, denn man hat ja auch viel zu spät angefangen zu lernen. Und dafür ist das Ergebnis ja auch toll. Das reduziert den Druck, immer die beste Arbeit haben zu müssen.

Also, wie lobt man? Ich denke, ich halte es wie Stormborn – es hängt an der Arbeit die dahinter steht.

Viele Grüße

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PS: wir gehen auch immer Eis essen und es gibt ein kleines Geschenk. Und zwar bevor ich mir die Zeugnisse anschaue (ich weiß ja eh mehr oder weniger, wie es ausschaut), einfach so, weil sie ein Schuljahr geschafft haben.

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Danke für Deine Antwort - genau das meinte ich

...Wenn das Kind gut ist und ihm alles zufliegt und es nichts für die Noten machen muss, dann hat das ja kein Lob verdient. Wenn es hart schuftet und eine drei bekommt, hat das Kind selbst ja viel mehr Einfluss und kann auch mit dem Lob mehr anfangen.

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>>Was macht man denn als Eltern, wenn ein Kind regelmäßig, quasi schon aus Gewohnheit nur 1en heimbringt? Wie lobt man da? Wie motiviert man da?<<

Meiner Grosser ist so ein 1er Kandidat (naja fast, in Sport und Kunst ist ihm die 1 eigentlich nie gelungen) und war es - mit wenigen Ausnahmen - fast immer. Nach meiner Erfahrung muss man da gar nicht grossartig motivieren oder loben. Diese Kinder sind i.d.R. intrinsisch motiviert, sprich die machen das für sich. Und sie haben gute Strategien entwickeln. Mein Grosser z.B. ist immer im Unterricht voll dabei, egal wie ätzend er das Fach / den Lehrer findet. Damit spart er sich einen Haufen Lernerei vor den Arbeiten und hat die mündliche 1 schon sicher. Und er kann sein Wissen auf den Punkt abrufen. Das ist auch ein Talent, dass nicht jeder hat. Wieviele Schüler sitzen mit flatterenden Nerven in den Arbeiten, wissen eigentlich alles, schaffen es aber nicht, das präzise zu Papier zu bringen, verhaspeln sich, verstolpern sich in Nebensächlichkeiten?

Und unter'm Strich bedeutet ein 1er Abi keinesfalls, dass da jemand ein besonders guter Arzt, Mathematiker, Politiker sein wird. Schlussendlich bedeutet das nur, dass da jemand 'Schule' besonders gut beherrscht. Die Chancen sind damit hoch, dass dieser jemand 'Uni' auch gut beherrschen wird. Alles weitere ist genauso offen, wie bei einem 2er oder 3er Abiturient oder einem Haupt- / Realschulabschluss.
Was ich wichtig finde, ist dass Kinder / Jugendliche Leidenschaften endecken und Zeit und Mühe investieren um besser zu werden. Mein jüngerer Sohn ist ein eher mittelmässiger Schüler, aber leidenschaftlicher Footballspieler. Und ich freue mich über einen Touchdown von ihm genauso wie über die 15 Punkte in Mathe von meinem Grossen. Und wenn ich mich nicht freuen würde, wäre ihnen das vermutlich auch egal. Denn es ist ihr Ehrgeiz, nicht meiner.

Grüsse
BiDi

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Wie kommt man überhaupt auf die dumme Idee, eine Note auf dem Zeugnis zu loben und nicht die Leistung, die dahinter steckt?

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Häh - die Note zeigt doch die Leistung. Also lobe ich doch die Leistung.

Meine Tochter hat statt der erwarteten 4 eine 3 in Mathe bekommen. Das hat uns riesig gefreut und wurde entsprechend kommuniziert.

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Nein. Eine Note zeigt keine Leistung. Eine Note zeigt eine Einschätzung eines einzelnen Lehrers gegenüber eines einzelnen Schülers. Eine Note ist auch selten objektiv.

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Mein "1" hat jetzt auch sein Abi.
Er war schon immer gut in der Schule, ist 5 eingeschult worden, auf Anraten der Kita und das war goldrichtig. Er hat in der Grundschule nie auch nur eine einzige 3 bekommen, nie, noch nicht mal in Kunst. Er hat aber nie mehr als Hausaufgaben gemacht. Noch nicht mal vor einer Arbeit.
Somit war uns klar, Schule wird easy going für ihn. Und so war es auch. Er pendelte sich auf dem Gymnasium auch zwischen eins und zwei ein, außer in Kunst, da gab es auch mal eine 3. Aus unserer Sicht haben wir ihn immer ganz normal gelobt für seine Noten. Wir, und er ja auch, haben ja gesehen, dass er dafür keinen Aufwand betreiben musste. Ein Hallo war die einzige eins in Kunst. Da haben wir umfangreicher drüber gesprochen und wie und warum. Alles andere war ja normal.

Deutlich schwieriger war/ist es für die kleine Schwester, die sich selber unter Druck setzt so gut sein zu müssen. Sie ist gut, 7 Zweier Rest 3 auf dem Zeugnis. Wir sagen ihr das, sogar ihr Bruder sagt ihr immer wieder er ist kein Maß. Aber sie will da ran......