Wie viel muss man sich gefallen lassen?

Hallo liebes Forum,

Mein Sohn ist erst 10 Jahre alt, aber schon jetzt ein richtiges Pubertier #schrei Er macht mich gerade wahnsinnig!!

Er ist prinzipiell immer DAGEGEN, egal, worum man ihn bittet, was man vorschlägt, zB Unternehmungen; im Endeffekt ist er dann aber doch immer dabei und hat seinen Spaß.
Aber es ist im Vorfeld extrem mühsam.
Hausaufgaben machen bzw damit beginnen ist jedes Mal eine Diskussion.
(Er geht aufs Gymnasium und ist ein sehr guter Schüler, also muss ich mir da zum Glück keine Sorgen machen). Sein Zimmer ist eine absolute Katastrophe, richtig Messie-mäßig... Ich würde gern mal dort aufräumen, aber das will er nicht, was ich akzeptiere.

Dieses Dagegen-Sein ist das Eine; was aber gerade noch schlimmer ist, sind seine Wutausbrüche.

Ich muss vorausschicken, dass er eine chronische Erkrankung hat. Man sieht sie ihm nicht an, sie ist relativ gut behandelbar, wird aber früher oder später zu Folgeerkrankungen führen.
Die Krankheit ist auch mit täglichen medizinischen Maßnahmen verbunden, die lebenswichtig sind. Nicht schmerzhaft, aber nervig.
Dass er diese Krankheit hat, belastet ihn sehr.

Dazu noch die Hormone (nehme ich an), jedenfalls wird er sehr schnell wütend und aufbrausend, sowohl uns Eltern als auch seinen jüngeren Geschwistern gegenüber.
Es kommt dabei auch zu Handgreiflichkeiten, Schlagen, Schubsen, usw.
(Seine Geschwister sind natürlich auch keine Unschuldslämmer... aber er ist einfach viel größer und stärker als sie).
Meist lasse ich die Kinder Konflikte unter sich klären; aber wenn Gewalt ins Spiel kommt, mische ich mich ein.

Seit ein paar Wochen beschimpft er auch meinen Mann und mich immer wieder; wenn ihm etwas nicht passt, wenn er mit irgendetwas nicht einverstanden ist. Er benimmt sich in solchen Situationen wie ein 2jähriges Kind in der Trotzphase
:-(

Ich frage mich: Ist das normal?

Natürlich muss man seine Erkrankung berücksichtigen, da diese sich auch auf die Hormone/Stimmung auswirken kann.
Aber dieses extrem respektlose Verhalten uns gegenüber, diese schlimmen Wörter, die er uns an den Kopf wirft... Das ist oft schwer auszuhalten...
Vor allem, weil er oft 10 Minuten später ankommt uns kuscheln will #gruebel Er entschuldigt sich dann auch jedes Mal. Eine Achterbahnfahrt...

Ich liebe ihn sehr, aber momentan ist es wirklich schwer mit ihm.

Mein Mann und ich unterstützen ihn, wo wir nur können. Er kann mit uns über alles reden; wir führen auch immer wieder Gespräche über die Erkrankung, was ihm sichtlich gut tut.
Ich bin Stay-at-home-mum, konnte und kann mir also immer ausreichend Zeit für die Kinder nehmen. Wir unternehmen viel, sind sehr aktiv, haben liebe Freunde. Mein Sohn kommt auch regelmäßig in Kontakt mit anderen Kindern, die dieselbe Erkrankung haben wie er.
Außerdem ist er regelmäßig im Krankenhaus zur Kontrolle, wo es auch eine liebe Psychologin gibt, mit der er jederzeit reden kann.
Trotzdem hab ich das Gefühl, was ich tue, ist nie genug...

Danke fürs Lesen!

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Hey!

Also mal mit Verlaub- ich habe jetzt gedacht, dass es sich um sonst für eine chronische Erkrankung handeln würde.
Mit Diabetes Typ 1 kenne ich einige Menschen- über 15. Ich unterrichte auch Schüler mit dieser Autoimmunerkrankung, leide selbst unter zweien und hatte früher eine Freundin mit Diabetes Typ 1. Sie hat auch in ihren 20ern noch damit gehadert. Es ist auch Mist- das stimmt. Aber es ist auch gut behandelbar. Wenn gleich auch sehr lästig.

Aber es ist kein Grund, so mit seinen Mitmenschen umzugehen. Das würde ich ihm klar machen.
Ich habe immer mal wieder Eltern in der 5. Klasse, die mir erklären, ihr Kind, das sich unmöglich benimmt, sei halt schon in der Pubertät. Sagen wir es mal so- wenn das Kind dann wirklich in die Pubertät kommt, merkt man es um so deutlicher.

Sprich mit seinen Ärzten, ob es möglich wäre, ihm psychologische Unterstützung zur Seite zu stellen oder seine Therapie zu optimieren. Holt euch Tipps bei einer Erziehungsberatung- aber akzeptiert dieses Verhalten, auch im Sinne der Geschwister, nicht.
Ich glaube auch, dass es den Kindern selbst nicht gut tut, sie wegen ihrer Erkrankungen aus der Verantwortung für ihr Verhalten zu nehmen.


Liebe Grüße
Schoko

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Hat er schon eine Insulinpumpe? Meine Freundin besaß sie schon in der 5. Klasse, das Kind meiner ebenfalls erkrankten Kollegin in der Grundschule.

Bearbeitet von schokofrosch
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Es ist ja schon eine spezielle Situation bei euch. Wie wäre es, wenn du mal (alleine) mit seiner Psychologin sprechen würdest? Sie kennt euren Sohn, könnte euch Tipps geben und ihm mal auf den Zahn fühlen, was ihn so belastet.

Ich wünsche euch alles Gute

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<<<Dazu noch die Hormone (nehme ich an), jedenfalls wird er sehr schnell wütend und aufbrausend, sowohl uns Eltern als auch seinen jüngeren Geschwistern gegenüber.
Es kommt dabei auch zu Handgreiflichkeiten, Schlagen, Schubsen, usw.
(Seine Geschwister sind natürlich auch keine Unschuldslämmer... aber er ist einfach viel größer und stärker als sie).
Meist lasse ich die Kinder Konflikte unter sich klären; aber wenn Gewalt ins Spiel kommt, mische ich mich ein.

Seit ein paar Wochen beschimpft er auch meinen Mann und mich immer wieder; wenn ihm etwas nicht passt,<<<

Liebe TE,

Krankheit hin oder her. Es ist richtig, dass du dazwischen gehst, wenn Gewalt im Spiel kommt. Erkläre deinem Sohn, dass Handgreiflichkeiten hier unerwünscht sind. Notfalls würde ich so ein Kind kurzfristig in den Garten schicken. Hast du einen Sitzsack? Da könnte er seine Wut ablassen. Hat er ein Hobby, wo er sich auspowern kann?

Ich habe zu Hause einen frühkindlichen Autisten, der in dem Alter deines Sohnes auch häufig zu Wutanfällen neigte. Und so etwas ließ ich mir auch nicht gefallen. Der war es von klein auf gewohnt bei Wutanfällen in den Garten zu gehen. Irgendwann ging er dann freiwillig raus, wenn ich sagte aber nicht mit mir hier.

Darf man mal fragen, was für ein gesundheitliches Problem dein Kind hat zum besseren Verständnis? Aber nur wenn du möchtest!!

LG Hinzwife

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Vielen Dank für Eure Antworten!

Ja, er macht Sport. Wir sind auch sehr viel draußen, schwimmen, Trampolin springen etc, wir haben ein großes Haus mit Garten; er hat also viel Bewegung.
Aber auch Rückzugsmöglichkeiten.

Er ist sehr beliebt in seiner Klasse, hat gute Freunde, liebe Großeltern, Tanten, Onkel, etc.

Er hat Diabetes Typ 1, eine Stoffwechselerkrankung, sein Körper produziert kein Insulin, deshalb muss er es sich täglich spritzen, sein Leben lang.
Die Blutzuckerschwankungen wirken sich leider auch aufs Gemüt aus...

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Und wegen dieser Krankheit sind diese Stimmungsschwankungen und Wutanfälle/Aggressionen normal? Echt? Hat das euer Arzt gesagt oder vermutest du das?

Kann ich mir ehrlich gesagt nicht so recht vorstellen. #kratz

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Hi,
ich habe jetzt auch "Wunder was gedacht" was der Kleine haben könnte..................

Von Arbeitskollegen die Tochter, gleichzeitig war sie Klassenkameradin von meinem Ältesten Sohn, hat auch Typ 1. Festgestellt mit 3 Jahren.

Bei Ihr war es sehr gut eingestellt, bis es in die Pubertät ging. Sie hatte jetzt 5 Jahre Schwankungen ohne Ende. Jetzt läuft sie wieder "Rund", lt. ihrer Mutter #schein

Aber so hatte die Pubertät nicht reingehauen, obwohl sie wohl schlimmer als ihre 2 älteren Brüder war. Ich kenne sie nur "lieb", sie hatte die Launen mehr daheim rausgelassen, als in der Öffentlichkeit.

Eine Jahrgangskameradin vom Kleinen, da hatten wir noch 14 tägige Treffen, hat die Diagnose seit der 1. Klasse, und sie hat noch eine schwere Gluten Unverträglichkeit. Aber auch sie ist noch "normal Pubertär", die Blutzuckerschwankungen wie Mädchen 1, hat sie nicht.

Eine Sonderpädagogin ist nämlich in unserer Truppe, sie betreute unteranderem Kind 1, 4 Jahre in der Realschule. Und wir machten Mutter 2, bisschen Mut. Als die Diagnose kam, dachte sie direkt an Ausgrenzung, keine Einladung an Geburtstagen, da die Mütter, auf die "Mehrarbeit" kein Bock haben, oder sich schlicht nicht zutrauten, etc.

Nach der 1. Kur, war sie "aufgeklärt" und die Ängste genommen.

Du musst Dir gar nichts gefallen lassen. Er muss nicht bemuttert werden. Er hat mit Deiner Unterstützung seine Werte im Auge zu behalten, er ist ja mehr in der Schule als daheim, da muß das schon laufen.

Er kann genauso erzogen werden, wie ein 100% gesundes Kind. Also, zeige Deine Grenzen, und wahre die auch der kleineren Geschwister.

Vergesslichkeit, bisschen verpeilt, er fängt an, ein Deo zu brauchen..............aber Wutausbrüche und läßt sie an kleineren aus, da muß man Gegensteuern. Auch die Kleineren haben nicht zu piesacken............für jeden "den Anschiß", den er braucht.

Alles Gute

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Ich bin Grundschullehrerin und kenne einige Kinder in meiner Klasse, denen es schwer fällt, mit Wut umzugehen. Wichtig sind denk ich Strategien die ihm an die Hand gegeben werden. Beleidigen und Handgreiflich werden sind zwar auch Strategien, aber nicht gewünschte.

Je nachdem wie schlimm es ist, wäre vllt eine Verhaltenstherapie sinnvoll.

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Hallo,

ich lese in deinem Post auch viel zu viel Drama.
Versteh mich nicht falsch: Diabetes ist natürlich auf eine Art eine dramatische Erkrankung - ohne Zugang zu medizinischer Versorgung könnte er nicht überleben.

Aaaaber: es ist auch nicht sooo ungewöhnlich. Praktisch jeder Mensch in Deutschland kennt jemanden mit Diabetes. Hier geheimnisvoll von einer "chronischen Erkrankung" mit "lebenswichtigen Behandlungen" zu sprechen, ist einigermaßen drüber.

Sollten seine Wutausbrüche wirklich an Blutzucker-Schwankungen liegen, müsst ihr ihn öfter dem Diabetologen vorstellen.
Sollte er selbst Angst und Sorge vor seiner Zukunft haben, braucht er engere therapeutische Begleitung.

Was er sicher nicht braucht, ist eine verständnisvolle Mama, die ihm helfen möchte, seine Launen aushält, Verständnis hat und maximal die Geschwister vor Gewalt schützt.
Du müsstest sein sicherer Hafen sein, indem du so einem Verhalten einen Riegel vorschiebst, in ihm das große, vernünftige Kind siehst (das er gegenüber den Kleinen sein könnte!) und seine Diabetes-Behandlung genauso selbstverständlich hinnimmst wie eine Brille oder Neurodermitus. (Ja, es ist mit einer Brille nicht vergleichbar! Aber für dein Kind sollte seine Erkrankung möglichst selbstverständlich sein und kein Drama!).

Du schreibst so selbstverständlich von Folgeerkrankungen. Redest du mit ihm auch über solche Zukunftsvisionen?
Ja, ich kenne auch einen Senior, dem mit 70 Jahren ein Fuß abgenommen wurde - Diabetes-Folge. Und ich würde einem Diabetiker jetzt auch nicht gerade raten, Leistungssportler, Astronaut oder Pilot zu werden.
Wenn aber ein 10jähriger Diabetiker ins Freundebuch schreibt "Berufswunsch Pilot" würde ich das erstmal so stehen lassen.

Vielleicht solltest du mal ohne deinen Sohn mit der Psychologin reden, falls das möglich ist.
Einfach mal einen altersgerechten Umgang abklären.
Natürlich gibst du allmählich mehr Verantwortung für die Krankheit an deinen Sohn ab. Da ist es auch wichtig, Strategien zu entwickeln, wie du deine Sorgfalt an den Sohn weitergibst ohne deine Sorgen weiterzugeben. Vielleicht wird er dann auch ruhiger.

Das würde für mich zusammengehören:
Das Kind total normal behandeln. Grenzen setzen, freundlichen Umgangston einfordern.
Gleichzeitig Sorgfalt beibringen aber Sorgen (noch) fernhalten. Nur auf Fragen antworten und ein möglichst positives Zukunftsbild zeichnen.

LG

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Er kann nicht mit der Psychologin reden, er muss. Das Verhalten ist hochgradig auffällig und gehört in Behandlung meiner Meinung nach. Ist zudem fürs Umfeld ja auch belastend. Ich würde da nicht lange mit ihm diskutieren - er geht zur Therapie, ihr geht zur Erziehungsberatung. Alles Gute!

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Puh, manche von euch sind ganz schön gehässig,... "Zu viel Drama" etc...
Lebt mal eine zeitlang mit dieser Erkrankung, und dann sehen wir, ob ihr eure Meinung vielleicht ändert.
Allen anderen Danke für die konstruktiven Tips!

Nein, Insulinpumpe hat er keine, das wollte er auch nie. Aber er trägt einen Blutzuckersensor, der sehr hilfreich ist.

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Mein Sohn (11) zeigt zuweilen ähnliches Verhalten. Unabhängig von Krankheit oder Pubertät braucht es da ganz klare Grenzen. Wenn mein Sohn meint sich uns oder anderen gegenüber respektlos zu verhalten, dann gibt es eine klare Ansage. Wut ist ein Gefühl, das wie Freude normal zu uns Menschen dazu gehört. Er darf wütend sein, ABER ich möchte weder angeschrien - noch betitelt werden. Ich würde an eurer Stelle auch nicht gleich eine Entschuldigung akzeptieren. Ein Kind darf und muss auch spüren, dass es Grenzen überschritten hat.

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Die Freiheit des einen endet dort wo die eines anderen anfängt. Psychologie hin oder her, setz deinem Sohn Grenzen.

Meiner war zeitweise auch ein pubertier, hier half es wenn mal der Papa oder auch die Oma, vor der er großen Respekt hatte energisch Eingriff.. (mit durchaus fester Stimme und offenen Worten)

Keine Gewalt natürlich, aber sehr deutlich zeigen dass so ein Verhalten nicht geduldet wird. Mit Hinblick darauf dass das erst der Beginn der Pubertät ist!